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NACH DER DEMOKRATIE
© Andrea FriedrichsmeierOb als selbstgerechtes Narrativ westlicher Überlegenheit, als visionäre Forderung der 99 Prozent oder als Schlachtruf der arabischen Rebellion:
Die Demokratie erfreut sich weltweiter Beliebtheit – und befindet sich zugleich in einer schweren Krise, zumindest in ihrer gegenwärtigen, euro-atlantischen Form.Denn die Herrschaft des Volkes über sich selbst ist zur Herrschaft des Kapitals über die Politik geworden und hat demokratische Verfahren zu entleerten Ritualen gerinnen lassen. Der souveräne Demos heißt nun „Hausverstand“ und bekundet seinen politischen Willen im Supermarkt, Politik ist effizientes Management im weltweiten Standortwettbewerb und die Demokratie muss „marktkonform“ sein, wenn sie noch eine Chance haben soll. Die neoliberale Ideologie unterscheidet nicht zwischen Staaten, Menschen oder Unternehmen, im Weltbild der herrschenden Doktrin gibt es einzig verschiedene wirtschaftliche Akteure mit unterschiedlicher Performance-Prognose. Das Kapital scheint einstweilen gesiegt zu haben und ist dabei, sich aus der jahrzehntelangen Umklammerung durch die Demokratie zu lösen. Immer mehr verfestigt sich der Eindruck, dass der globale Kapitalismus sehr gut ohne lästige demokratische Strukturen kann – und dass die einst so glückliche Verbindung zwischen Marktwirtschaft und bürgerlich-parlamentarischer Demokratie tiefe Risse hat.
Zugleich und parallel zum scheinbaren Sieg des Kapitals hat das egalitäre Versprechen der Demokratie weltweit neue Energie erhalten. Von der westlichen Welt bis in die arabischen Länder verband die junge Generation mit der Anrufung der Demokratie während der unterschiedlichen Protestwellen der letzten Jahre eine bessere Zukunft, in der nicht nur wirtschaftlicher Wohlstand besser – demokratischer – verteilt, sondern auch individuelle Freiheiten und Grundrechte gewährt und garantiert werden.
„Nach der Demokratie“ beschreibt so nicht nur das Feld, in dem sich die Spielzeit 2013/14 in der GARAGE X zwischen den wahnsinnigen Theorien des Massenmörders Breivik und dem rauschhaften Wahn eines David Foster Wallace abspielt. „Nach der Demokratie“ umreißt auch ein Feld, das zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Gesellschaft oszilliert und auf dem heute und morgen elementare Auseinandersetzungen stattfinden werden. Dazu werden wir auch in dieser Saison Theoretiker und Aktivisten einladen, um öffentlich über Perspektiven und Deutungen aktueller politischer und intellektueller Debatten zu sprechen.